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Besteuerung von Sportwetten

Bundesfinanzhof urteilt zur Verfassungs- und Europarechtswidrigkeit
Besteuerung von Sportwetten
Aktuelles
19.09.2024

Besteuerung von Sportwetten

Bundesfinanzhof urteilt zur Verfassungs- und Europarechtswidrigkeit

Erst kürzlich beherrschte das Thema Sportwetten wieder die Nachrichten. Es sollen 17 Partien von Fußballspielen in der dritten Liga, zwei Regionalligen und mehreren Oberligen von Wettbetrug betroffen sein. Laut Glücksspielstaatsvertrag sind Wetten auf Amateurspiele sowie auf Spiele mit überwiegend Minderjährigen in Deutschland verboten. Bei ausländischen Anbietern sind diese Wetten aber weiter möglich. Doch ganz egal, ob die Wetten legal oder illegal abgeschlossen wurden – steuerpflichtig sind die erzielten Erträge in jedem Fall. Ob die Besteuerung der Sportwetten aber auch verfassungs- und europarechtskonform ist, damit musste sich der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 16. Juli 2024 (IX R 6/22) erneut auseinandersetzen.

Ausländischer Wettanbieter muss deutsche Steuern zahlen

Geklagt hatte im vorliegenden Fall eine ausländische Kapitalgesellschaft mit Sitz in der Europäischen Union (EU), die unter anderem Sportwetten über das Internet anbietet. Sie schloss auch mit in Deutschland ansässigen Personen Sportwetten ab. In Deutschland unterhielt die Gesellschaft keine Betriebsstätte.

Die Gesellschaft gab im Streitjahr beim zuständigen deutschen Finanzamt die Anmeldung zur Sportwettensteuer ab und legte anschließend Einspruch ein. Das Rennwett- und Lotteriegesetz verstoße gegen Europarecht. Die im weiteren Verfahrensverlauf erhobene Klage wies das Finanzgericht als unbegründet zurück.

Neuregelung der Besteuerung von Sportwetten seit 2021

Bei Wetten auf sportliche Ereignisse bzw. deren Ergebnisse möchte auch das Finanzamt Teil des Teams sein. Daher unterliegen Sportwetten der Sportwettensteuer, wenn die Sportwette in Deutschland veranstaltet wird. Dies ist der Fall, wenn entweder der Veranstalter der Sportwette bei Abschluss des Wettvertrages seinen Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt, Ort der Geschäftsleitung oder Sitz in Deutschland hat oder der Wettende die zur Entstehung des Wettvertrages erforderlichen Handlungen in Deutschland vornimmt.

Das Rennwett- und Lotteriegesetz wurde per Juli 2021 umfassend geändert. Dabei wurde unter anderem die Bemessungsgrundlage neu geregelt. Während nach der alten Rechtslage die Steuer 5 Prozent des Nennwertes der Wettscheine bzw. des Spieleinsatzes betrug, bemisst sich die Sportwettensteuer nach aktueller Rechtslage nach dem geleisteten Wetteinsatz abzüglich der Sportwettensteuer. Die Sportwettensteuer beträgt jetzt 5,3 Prozent der Bemessungsgrundlage.

Das Urteil des BFH ist zwar noch zur alten Rechtslage ergangen. Die Ausführungen zur Verfassungs- und Europarechtswidrigkeit sollten jedoch allgemein anwendbar sein.

Verfassungs- und Europarechtswidrigkeit

Der BFH folgte dem Finanzgericht in seiner Argumentation. Wie das Finanzgericht sah der BFH keine ungerechtfertigte Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs (Art. 56 AEUV) durch die Besteuerung von Sportwetten.

Nach Art. 56 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der EU) müssen die Mitgliedstaaten Angehörigen aus anderen EU-Staaten ermöglichen, unter denselben Bedingungen tätig zu werden, wie sie für Inländer gelten. Eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit liegt bereits dann vor, wenn die grenzüberschreitende Tätigkeit erschwert oder weniger attraktiv gemacht wird.

Die Erhebung der Sportwettensteuer führt zu einer Verteuerung des Wettangebots für den Wettenden oder zu einer Herabsetzung der Gewinnchancen. Diese Wirkung trifft aber inländische wie ausländische Anbieter in gleicher Weise und zu gleichen Bedingungen. Die Sportwettensteuer führt daher zu keiner unmittelbaren Diskriminierung ausländischer Anbieter. Der BFH verweist hier ausdrücklich auf seine Urteile vom 17. Mai 2021 (IX R 21/18 und IX R 20/18).

Soweit eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit vorliegt, sei diese gerechtfertigt, weil sie der Verfolgung zwingender Gründe des Allgemeininteresses dient. Dazu zählen der Verbraucherschutz, die Betrugsvermeidung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für Glücksspiele.

Auch illegales Glücksspiel wäre steuerpflichtig

Der BFH sieht auch keine Anhaltspunkte für ein sogenanntes strukturelles Vollzugsdefizit. Ein solches liegt vor, wenn ein Gesetz für einen bestimmten Sachverhalt zwar eine Besteuerung vorsieht, diese aufgrund der Gesetzeskonzeption aber nur stattfinden kann, wenn der Steuerpflichtige selbst den Sachverhalt offenlegt. Das ist bei Sportwetten nicht erkennbar, denn es gibt keine Hinweise, dass die für die Sportwettenbesteuerung zuständigen Landesfinanzbehörden illegale Anbieter dulden oder nicht zur Besteuerung heranziehen. Ebenso lässt sich nicht feststellen, dass Veranstalter aus anderen EU-Mitgliedstaaten die Sportwettensteuer nicht abführen und es dadurch zu Steuerausfällen aufgrund eines mangelhaften Gesetzesvollzugs kommt.

Da legale Anbieter von Sportwetten in gleicher Weise der Besteuerung unterfallen wie illegale Anbieter, spielt die regulierungsrechtliche Behandlung für die Frage, ob die Besteuerung die europarechtlich gewährleistete Dienstleistungsfreiheit verletzt, keine Rolle. Es ist für die Besteuerung unerheblich, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt. Die Vorschrift regelt, dass die Besteuerung wertneutral ist und an tatsächliche Gegebenheiten anknüpft.

Des Weiteren sind entgegen der Auffassung der klagenden Gesellschaft die steuerlichen Mitwirkungspflichten für ausländische Veranstalter erfüllbar. Nach Maßgabe des Rennwett- und Lotteriegesetzes treffen die Auszeichnungspflichten inländische und ausländische Veranstalter im EU-Raum beziehungsweise im Europäischen Wirtschaftsraum in gleicher Weise.

Keine Anfrage an den Europäischen Gerichtshof

Der BFH sah auch keine Notwendigkeit, die Frage dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Klärung vorzulegen. Denn eine Vorlagepflicht besteht nicht, wenn zu der entscheidungserheblichen Frage bereits eine gesicherte Rechtsprechung des EuGH existiert oder die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung der gestellten Frage bleibt. Die Frage einer Verletzung der Dienstleistungsfreiheit lässt sich aufgrund der bisher ergangenen Rechtsprechung des EuGH eindeutig verneinen.

Kein Verstoß gegen das Grundgesetz

Auch mit dem Argument, dass das Rennwett- und Lotteriegesetz gegen das Grundgesetz verstoße, konnte sich die klagende Gesellschaft nicht durchsetzen. Bezüglich des angeblichen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) sowie der freien Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG), verweist der BFH erneut auf seine o.g. Entscheidungen vom 17. Mai 2021. Dort hat sich der BFH mit den aufgeworfenen Fragen des Vorliegens eines strukturellen Vollzugsdefizits sowie der Ungleichbehandlung von Sportwetten mit Online-Casino-Spielen und Online-Poker befasst und eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung verneint.

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