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Damit das Public Viewing zu keinem steuerlichen Eigentor wird

Damit das Public Viewing zu keinem steuerlichen Eigentor wird
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30.06.2024 — zuletzt aktualisiert: 20.08.2024

Damit das Public Viewing zu keinem steuerlichen Eigentor wird

Die Fußball-Europameisterschaft ist in vollem Gange und alle Fans fiebern den nächsten Spielen entgegen. Public Viewing vor großen Leinwänden oder Bildschirmen ist wieder angesagt. Ob auf der Fanmeile, in der Gaststätte, einem Club oder zu Hause – Millionen von Zuschauern wollen kein Spiel verpassen. Und auch für Unternehmen ist die Fußball-Europameisterschaft eine gute Gelegenheit, den Teamgeist zu stärken, denn ein gemeinsames Anfeuern und Mitfiebern vor dem Fernseher macht viel mehr Spaß. Dass dabei ein paar kühle Getränke und Knabbereien nicht fehlen dürfen, versteht sich von selbst. Doch damit das Ganze zu keinem steuerlichen Eigentor wird, sollten Unternehmer einiges beachten.

Fußballevent als Sommerfest

Das alljährliche Sommerfest mit Spezialitäten vom Grill, kühlen Getränken, Musik und kleinen Überraschungen ist in vielen Unternehmen schon Tradition. In diesem Jahr bietet es sich an, das Sommerfest mit einem gemeinsamen Fußballevent zu verbinden. Für den Unternehmer sind die mit einer solchen Betriebsveranstaltung verbundenen Aufwendungen grundsätzlich als Betriebsausgaben abziehbar.

Werden (auch) betriebsfremde Gäste, wie Geschäftsfreunde oder Arbeitnehmer verbundener Unternehmen eingeladen, sind für diese allerdings die Abzugsbeschränkungen für Geschenke und geschäftlich veranlasste Bewirtungen zu beachten: 30 Prozent der auf diesen Teilnehmerkreis entfallenden Bewirtungsaufwendungen dürfen nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden.

Bei den eigenen Arbeitnehmern und deren Begleitpersonen gehören die Zuwendungen des Arbeitgebers im Rahmen von Betriebsveranstaltungen zwar grundsätzlich zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Doch bis zu zweimal jährlich dürfen Arbeitgeber mit ihren Mitarbeitern „steuerfrei“ feiern, wenn die Kosten den Bruttobetrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmendem Mitarbeiter nicht übersteigen und die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Mitarbeitern gleichermaßen offensteht. Kosten für begleitende Angehörige werden auf den Freibetrag des Mitarbeiters angerechnet. Wird der Freibetrag eingehalten, fallen auch keine Sozialversicherungsbeiträge an.

Und auch wenn anlässlich der Fußball-Europameisterschaft eine zusätzliche Betriebsfeier stattfindet, müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht ins Abseits geraten. Werden mehr als zwei Betriebsveranstaltungen im Jahr durchgeführt, ergeben sich für den Mitarbeiter zwar steuerpflichtige geldwerte Vorteile. Der Arbeitgeber kann die Vorteile jedoch pauschal versteuern und die Pauschsteuer von 25 Prozent zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer übernehmen. Damit bleibt dem Mitarbeiter der Steuerabzug erspart.

Tipp: Dies gilt sogar dann, wenn eine Betriebsveranstaltung nicht allen Betriebsangehörigen offensteht, sondern nur einem eingeschränkten Teilnehmerkreis, z. B. dem Vorstand oder oberen Führungskreis des Unternehmens. Dies entschied der Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich in seinem Urteil vom 27. März 2024 (VI R 5/22).

Public Viewing in der Gaststätte

Es muss aber nicht unbedingt die ganz große Betriebsfeier sein. Auch in fast allen Gaststätten und Biergärten ist in diesen Wochen Public Viewing angesagt. Viele Teams nutzen dies, um den Arbeitstag beim gemeinsamen Fußballgucken, einem Snack und kühlen Getränken mit den Kollegen ausklingen zu lassen. Übernimmt der Chef die Rechnung, stellt sich erneut die Frage nach den steuerlichen Auswirkungen. Doch auch hier gibt es keinen Strafstoß. Für das Unternehmen sind die Aufwendungen Betriebsausgaben, solange nur eigene Arbeitnehmer bewirtet werden. Damit die Arbeitnehmer nicht mit einer gelben Karte – Lohnsteuer und Sozialabgaben – belastet werden, gibt es mehrere Möglichkeiten.

Es kann sich auch hierbei um eine steuerlich begünstigte Betriebsveranstaltung handeln, für die der Freibetrag von 110 Euro genutzt werden könnte. Voraussetzung dafür ist, dass zumindest alle Mitarbeiter eines Teams oder einer Abteilung an dem Event teilnehmen können. Da es den Freibetrag jedoch nur für zwei Betriebsveranstaltungen im Jahr gibt und nicht ausgeschöpfte Freibeträge auch nicht anteilig auf weitere Veranstaltungen übertragen werden können, sollte genau geprüft werden, für welche Veranstaltungen der Freibetrag eingesetzt wird und für welche die Möglichkeit der Lohnsteuerpauschalierung genutzt wird.

Für die Stärkung der Mitarbeiter in der Gaststätte gibt es noch einen weiteren steuerlichen Spielzug. Der Arbeitgeber kann seinen Mitarbeitern eine Mahlzeit gewähren. Diese ist nicht mit ihrem tatsächlichen Wert, sondern mit dem amtlichen Sachbezugswert von aktuell 4,13 Euro anzusetzen, sofern es sich um eine übliche Mahlzeit handelt. Der Vorteil kann pauschal mit 25 Prozent versteuert werden. Übersteigt der Wert der Mahlzeit 60 Euro, liegt ein Belohnungsessen vor, welches als Arbeitslohn zu versteuern und zu verbeitragen ist.

Da der Abend mit Nachspielzeit, Verlängerung oder gar Elfmeterschießen ganz schön lang werden kann, wird es nicht bei einem Getränk bleiben. Und auch hierfür muss keine Steuer anfallen, selbst wenn es der Arbeitgeber bezahlt. Er kann in der Gaststätte einen Getränkegutschein erwerben, der jedem Arbeitnehmer bis 50 Euro steuerfrei gewährt werden kann, vorausgesetzt der monatliche Sachbezugsfreibetrag wurde nicht schon durch andere Gutscheine, Guthabekarten o.ä. ausgeschöpft.

Teamfernsehen in der Firma

Gerade Vorrundenspiele finden regelmäßig auch am Nachmittag statt – noch während der Arbeitszeit oder gerade zu Beginn des Feierabends. Arbeitgeber ermöglichen es dann oftmals, die Spiele gemeinsam im Unternehmen anzusehen, spendieren Softgetränke und ein paar Knabbereien. In diesem Fall gibt es steuerlich einen Freistoß. Der Arbeitgeber kann die Aufwendungen für die Lebensmittel als Betriebsausgaben abziehen. Auch für den Arbeitnehmer bleibt das lockere Beisammensein und Fußballgucken in der Firma steuerfrei, denn Getränke und Genussmittel, die der Arbeitgeber den Arbeitnehmern zum Verzehr im Betrieb unentgeltlich oder teilentgeltlich überlässt, sind Aufmerksamkeiten, die keinen Arbeitslohn darstellen. 

Pauschsteuer muss rechtzeitig angemeldet und gezahlt werden

Die Nachspielzeit kann (tor-)gefährlich sein. Ähnliches gilt für die Lohnsteuerpauschalierung. Die Pauschsteuer muss vom Arbeitgeber zeitnah im Lohnabrechnungszeitraum der Leistung erhoben und gezahlt werden, damit für die pauschalbesteuerten Vorteile aus einer Betriebsveranstaltung keine Sozialversicherungsbeiträge anfallen. Die bloße Möglichkeit der pauschalen Besteuerung reicht für die Beitragsfreiheit nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung nicht aus, sie muss tatsächlich und mit der Entgeltabrechnung durchgeführt werden. Diese seit 2016 geltende Regelung hat das Bundessozialgericht (BSG) in seinem aktuellen Urteil vom 23. April 2024 (B 12 BA 3/22 R) bestätigt.

Bisher haben die Sozialversicherungsträger zwar eine kleine Schonfrist gewährt. Danach blieb die Sozialversicherungsfreiheit erhalten, wenn die Pauschalierung bis spätestens zum 28. Februar des Folgejahres (Abgabefrist der jährlichen Lohnsteuerbescheinigung) nachgeholt wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt ist eine lohnsteuerpflichtige Behandlung von Arbeitsentgeltbestandteilen durch den Arbeitgeber noch zulässig und das Sozialrecht folgte insoweit dem Steuerrecht. Es bleibt zu hoffen, dass die Sozialversicherungsträger auch nach dem aktuellen BSG-Urteil die Billigkeitsregelung beibehalten.

Hinweis: Vom Ertragsteuerrecht abweichend sind umsatzsteuerlich die 110 Euro als eine Freigrenze zu beachten. Der Vorsteuerabzug ist also nur möglich, wenn die Kosten die Freigrenze von 110 Euro je Teilnehmer nicht überschreiten.

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