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Volltreffer oder Verlängerung?

Finanzgericht entscheidet über sofortige Abzugsfähigkeit von Handgeldern im Profifußball
Volltreffer oder Verlängerung?
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23.11.2023

Volltreffer oder Verlängerung?

Finanzgericht entscheidet über sofortige Abzugsfähigkeit von Handgeldern im Profifußball

Top-Spieler sind von vielen Vereinen begehrt und umworben. Daher ist es im Profifußball üblich, den Spielern die Unterschrift unter den Arbeitsvertrag mit dem eigenen Verein mit einem Handgeld zu versüßen und sie davon abzuhalten beim Konkurrenzverein zu unterschreiben. Das Finanzgericht Münster hatte nun in seinem Urteil vom 17. April 2023 (7 K 414/22) zu entscheiden, ob diese Zahlungen beim Arbeitgeber sofort abzugsfähige Betriebsausgaben darstellen oder der Aufwand über die Laufzeit des Arbeitsvertrages zu verteilen ist.

Der betroffene Club im Urteilsfall unterhält eine Fußball-Lizenzspielerabteilung zur Teilnahme an der DFB-Lizenzliga und anderen nationalen und internationalen Wettbewerben. Mit den Spielern wurden, ähnlich einem Signing-Bonus, Handgeldzahlungen für den Abschluss bzw. die Verlängerung des jeweiligen Spielervertrages vereinbart. Diese waren zur Zahlung fällig, sobald der Spieler den Arbeitsvertrag wirksam abschloss bzw. verlängerte. Rückzahlungsvereinbarungen wurden nicht getroffen. Das bedeutet, dass unabhängig davon, ob der Spieler über die gesamte Vertragslaufzeit beim Club verblieb oder der Vertrag vorzeitig gelöst wurde, der Spieler die Handgeldzahlungen in vollem Umfang behalten durfte.

„Führungstreffer“ für das Finanzamt: Betriebsprüfung versagt sofortigen Betriebsausgabenabzug

Der Club erfasste die Zahlungen im Zeitpunkt der Zahlung als aufwandswirksam in der Buchhaltung. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde diese Vorgehensweise vom Prüfer beanstandet. Das Finanzamt war der Auffassung, die Zahlungen stellten Aufwand über die Laufzeit des Arbeitsvertrages dar und müssten dementsprechend durch Rechnungsabgrenzungsposten über mehrere Jahre verteilt werden. Für das Finanzamt waren die Handgeldzahlungen und der Arbeitsvertrag untrennbar miteinander verknüpft und bedingten einander. Die Bindung an den Verein, welche durch die Unterzeichnung des Arbeitsvertrags zustande kommt, stelle die Gegenleistung des Spielers für das Handgeld dar. Daher werde nach Ansicht des Finanzamtes durch den Abschluss der Handgeldvereinbarung auch die Bindungswirkung an den Verein unabhängig von einer Rückzahlungsverpflichtung begründet.

„Das Gegentor“: Handgeld und Arbeitsvertrag sind getrennt zu betrachten

Der Fußballclub sah den Sachverhalt naturgemäß anders. Der Vertrag über die Handgeldzahlung und der Arbeitsvertrag seien zwei getrennt voneinander zu betrachtende Verträge. Das Handgeld diene dem Zweck, den Spieler zu motivieren, zeitnah einen Arbeitsvertrag mit dem Club abzuschließen und sich nicht etwa nach alternativen Angeboten umzuschauen. Mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages habe der jeweilige Spieler die ihm aus der Handgeldvereinbarung obliegende Pflicht erfüllt und seinen Anspruch auf das Handgeld vollumfänglich verwirklicht.

Eine Bindung an den Club werde ausschließlich durch den Arbeitsvertrag bewirkt. Denn wenn es dem Club gelungen sei, einen Spieler zur Unterzeichnung eines Arbeitsvertrages zu bewegen, so wurde damit erreicht, dass dieser sich an den Club für die Vertragsdauer vertraglich binde. Daher werde die Bindung des Spielers nicht durch die Handgeldvereinbarung, sondern durch die in dem Spielervertrag vereinbarte Vertragsdauer bewirkt. Eine Verteilung der Sonderzahlungen auf die Laufzeit des Arbeitsvertrages sei demzufolge nicht sachgerecht.

„Der Ausgleich“: – Finanzgericht stimmt Club zu

Das Finanzgericht stimmte in seinem Urteil der Argumentation des Clubs zu und prüfte in seiner Urteilsbegründung die verschiedenen Ansatzmöglichkeiten der Aufwendungen. Einen Ansatz als immaterielles Wirtschaftsgut „Spielererlaubnis“ lehnte es ebenso ab, wie die Bildung eines Rechnungsabgrenzungspostens und die Verteilung der Aufwendungen auf die Laufzeit des Arbeitsvertrages.

Die Handgelder stellen nach Ansicht des Gerichts keinen Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag dar. Dies würde voraussetzen, dass einer Vorleistung eine noch nicht erbrachte zeitraumbezogene Gegenleistung gegenübersteht. Das jeweils bestehende Arbeitsverhältnis und die geschlossene Handgeldvereinbarung sind getrennt zu betrachten. Denn die einzige im Rahmen der Handgeldvereinbarung zu erbringende Leistung seitens des Spielers für den Erhalt der einmaligen Sonderzahlung ist der Abschluss des Arbeitsvertrags, der zu einem bestimmten Zeitpunkt wirksam sein muss. Davon unabhängig sind die dem Verein gegenüber bestehenden Pflichten im Rahmen des Arbeitsverhältnisses (wie etwa die Teilnahme an Wettbewerben, Sponsorenveranstaltungen, etc.). Sobald der Spieler den Arbeitsvertrag unterschrieben hat, löst er die Zahlungspflicht bezüglich des Handgeldes aus. Jegliches weitere Verhalten des Spielers während der Vertragsdauer bei dem Verein ist dabei unbeachtlich.

Zudem ist der Umstand, dass der Spieler die Zahlung im Falle der vorzeitigen Vertragsbeendigung behalten darf, ein gewichtiges Indiz gegen die Zeitraumbezogenheit der Sonderzahlung. Etwas anderes gilt jedoch ausnahmsweise dann, wenn das Vertragsverhältnis, für deren Abschluss ein nicht rückzahlbares Entgelt gezahlt wird, auf mehrere Jahre zu festen Bedingungen abgeschlossen ist und nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann und darüber hinaus konkrete Anhaltspunkte dafür fehlen, dass die Vertragsparteien dieser Möglichkeit mehr als rein theoretische Bedeutung beigemessen haben.

Allerdings ist im Bereich des Profifußballs eine vorzeitige Aufhebung oder Änderung des Arbeitsvertrags gängige Praxis und wird in etwa bei der Hälfte aller Arbeitsverträge vollzogen, insbesondere wegen eines Transfers des betreffenden Spielers zu einem anderen Club oder einer vorzeitigen Vertragsverlängerung. Diese gängige Praxis wird durch die vertraglichen Vereinbarungen zum Ausschluss einer ordentlichen Kündigung während der Vertragslaufzeit nicht ausgeschlossen.

Somit ist von einer fehlenden Zeitraumbezogenheit des für den Vertragsabschluss gezahlten Entgelts auch dann auszugehen, wenn wie im Streitfall eine ordentliche Kündigung zwar ausgeschlossen ist, die Vertragsparteien aber nach den unternehmens- oder branchenspezifischen Gepflogenheiten dennoch nicht davon ausgehen, dass eine vorzeitige Vertragsauflösung oder Vertragsänderung mehr als rein theoretische Bedeutung hätte.

Es geht in die Nachspielzeit:– Finanzamt legt Revision ein

Wer nun dachte, mit dem Urteil des Finanzgerichts ist der endgültige Abpfiff erfolgt, irrt sich. Das Finanzgericht geht in die Nachspielzeit (Revision) und ruft den Bundesfinanzhof (BFH) als höchsten Schiedsrichter an. Das Verfahren ist unter dem Aktenzeichen XI R 10/23 seit dem 20. Oktober 2023 beim BFH anhängig. Betroffene Clubs sollten die Veranlagungen betroffener Jahre unter Hinweis auf das laufende Verfahren offenhalten.

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