Was grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmer wissen sollten
Wer in einem Land lebt und in einem anderen arbeitet, muss sich mit vielen gesetzlichen Regelungen rumschlagen. Und das im Zweifel in mehreren Ländern. Damit etwas Licht in den Dschungel der Regelungen kommt, hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zum Jahresende 2023 noch drei wichtige Dokumente veröffentlicht, die grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmer kennen sollten.
Neues Schreiben zur steuerlichen Behandlung des Arbeitslohns nach einem Doppelbesteuerungsabkommen
Am 12. Dezember 2023 hat das BMF ein neues 156-seitiges Schreiben zur steuerlichen Behandlung des Arbeitslohns nach den Doppelbesteuerungsabkommen veröffentlicht. Es löst das bisher maßgebliche Schreiben vom 3. Mai 2018 ab.
Das neue BMF-Schreiben enthält erweitere Begriffsdefinitionen, Klarstellungen und organisatorische Hinweise. So gibt es Hinweise zu Ansässigkeitsbescheinigungen, Klarstellungen in Bezug auf Ansässigkeit und unbeschränkte Steuerpflicht sowie Erläuterungen zur Steuerpflicht in China nach aktuellem Rechtstand.
Ein wichtiger Punkt sind die überarbeiteten Erläuterungen zum persönlichen und wirtschaftlichen Lebensmittelpunkt sowie erweiterte Beispiele zur Ansässigkeit. Hier ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass nach Ansicht der Finanzverwaltung bei einer Entsendung von über einem Jahr der Lebensmittelpunkt auch dann in Deutschland verbleibt, wenn der Entsendete von seiner Familie begleitet wird, vorausgesetzt, es besteht ein inländischer Wohnsitz sowie eine Rückkehrabsicht und es befindet sich Vermögen in Deutschland. Dies wurde in der Vergangenheit regelmäßig durch die Finanzämter anders gesehen.
Hinweis: Es kann dadurch vermehrt zu einer Steuerpflicht inländischer Arbeitstage in Deutschland kommen. Mehr noch: Die neue Sichtweise kann ggf. sogar zu einer Doppelbesteuerung von Einkünften führen, sofern der ausländische Staat die Kriterien zur Auslegung des Lebensmittelpunktes anders definiert als die deutsche Finanzverwaltung.
Tipp: Arbeitnehmer sollten vor Aufnahme einer Auslandstätigkeit ihren Steuerberater konsultieren, um ungewollte steuerliche Folgen zu vermeiden.
Neue Ansässigkeitsbescheinigungen für Grenzgänger Deutschland – Schweiz
Wer in Deutschland wohnt und in der Schweiz arbeitet bzw. umgekehrt und regelmäßig an seinen Wohnsitz zurückkehrt, gilt als Grenzgänger im Sinne des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) Deutschland-Schweiz. Dabei muss genau gezählt werden, denn die Grenzgängereigenschaft hängt ausschließlich von der regelmäßigen Rückkehr an den Wohnsitz ab. Wenn der Grenzgänger aus beruflichen Gründen an bis zu 60 Arbeitstagen im Kalenderjahr nicht an seinen Wohnsitz zurückkehrt, bleibt die Grenzgängereigenschaft erhalten.
Mit Schreiben vom 7. Dezember 2023 hat das BMF die neuen Ansässigkeitsbescheinigungen für Grenzgänger und Arbeitgeberbescheinigungen über Nichtrückkehrtage bekannt gemacht. Diese sind ab dem Kalenderjahr 2024 zu verwenden.
Das DBA Deutschland-Schweiz sieht vor, dass die Abzugsteuer 4,5 Prozent des Bruttobetrages der Vergütungen nicht übersteigen darf, wenn die Ansässigkeit durch eine amtliche Bescheinigung der zuständigen Finanzbehörde des Vertragsstaats, in dem die steuerpflichtige Person ansässig ist, nachgewiesen wird.
Die zuständigen Behörden der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft haben zum Nachweis der Ansässigkeit einer Person in einem Vertragsstaat die Vordrucke „Gre-1“, „Gre-4“ und „Gre-5“ überarbeitet beziehungsweise neu erstellt. Der zum Nachweis über die Ansässigkeit in einem Vertragsstaat vorgesehene Vordruck „Gre-1“ wurde ebenfalls überarbeitet.
Neue Konsultationsvereinbarung hinsichtlich der Grenzgängerregelung mit Österreich
Das DBA mit Österreich wurde zuletzt durch das Protokoll vom 21. August 2023 geändert. Unter anderem wurde die Grenzgängerregelung angepasst. Nach dem DBA Deutschland-Österreich sind Grenzgänger Arbeitnehmer, die in dem einen Staat in der Nähe der Grenze ihren Wohnsitz und in dem anderen Staat in der Nähe der Grenze ihren Arbeitsort haben. Als Grenznähe gilt dabei eine Zone von je 30 Kilometern beiderseits der Grenze (Luftlinie). Zusätzlich Voraussetzung war bisher, dass die Arbeitnehmer täglich von ihrem Arbeitsort an ihren Wohnsitz zurückkehren. Doch diese Grenzgängerregelung konnte den jüngsten Entwicklungen der Arbeitswelt, die zu geänderten Arbeitsformen (vor allem Arbeiten im Homeoffice) geführt haben, nicht ausreichend Rechnung tragen. Sie wurde daher neu gefasst, um Beschäftigten in der Grenzzone mehr Flexibilität einzuräumen. Dies wird dadurch erreicht, dass das Arbeiten und Wohnen in der Grenzzone, nicht jedoch ein tägliches Pendeln über die Grenze erforderlich ist, um die Voraussetzungen der Grenzgängereigenschaft zu erfüllen.
Gemäß der Neuregelung wird das ausschließliche Besteuerungsrecht an Gehältern, Löhnen und ähnlichen Vergütungen dem Ansässigkeitsstaat zugewiesen, wenn der Beschäftigte seinen Hauptwohnsitz im Ansässigkeitsstaat in der Nähe der Grenze hat und seine unselbständige Tätigkeit üblicherweise in der Nähe der Grenze ausübt. Dabei ist unbeachtlich, ob der Beschäftigte in der Grenzzone des Ansässigkeitsstaates (z. B. im Homeoffice) oder jener des anderen Vertragsstaates (z. B. in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers) tätig wird.
Die Konsultationsvereinbarung klärt Auslegungsfragen zu Nähe der Grenze, Hauptwohnsitz und Tätigkeitsausübungen außerhalb der Grenzzone.
Als Anhang der Vereinbarung findet sich eine Liste aller Orte und Gemeinden in der Grenzzone.